Wissen auf der Flucht: Deutsche Akademikerinnen und Akademiker im Ausland, 1933-45

Dec 17, 2015

Conference at the American Academy in Berlin | Co-organized by the Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, German Historical Institute Washington, and Max Weber Stiftung

Der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD), die Max Weber Stif-tung (MWS) und ihr Deutsches Historisches Institut (GHI) Washington widmen sich dem derzeit so aktuellen Thema „Flucht" in einer besonderen historischen Tiefendimension. Am 17. Dezember 2015 nehmen diese Institutionen gemeinsam mit renommierten Historikerinnen und Historikern die akademische Zwangsemigration nach 1933 aus Deutschland und Europa und die Reaktion insbesondere der US-amerikanischen Politik sowie von wissenschaftlichen Institutionen, Organisationen und Stiftungen näher in den Blick: Welche Formen akademi-scher Flüchtlingshilfe lassen sich ausmachen? Welche Ansätze von Unterstützung und Inte-gration wurden verfolgt, welche Motive lagen ihnen zu Grunde und welche Folgen zeitigte die Aufnahme von Akademikerinnen und Akademikern aus dem nationalsozialistisch be-herrschten Europa für Wissenschaft, Staat und Gesellschaft im Aufnahmeland?

Die Veranstaltung zielt auf eine kritisch-historische Analyse, die vor dem Hintergrund aktuel-ler Problemlagen ein Bewusstsein für die Ambivalenz akademischer Flüchtlingshilfe und da-mit verwobener Integrationsprozesse schafft. Zivilgesellschaftliche Courage, Solidarität, phil-anthropisches Handeln und Vertrauen in die wissenschaftlichen Potenziale und die persönli-che Integrität von Emigrantinnen und Emigranten bzw. Flüchtlingen sollen ebenso in den Blick genommen werden wie das ausgeprägte Nützlichkeitsdenken vor allem staatlicher Ak-teure und das latente Misstrauen, das vielen emigrierten Akademikerinnen und Akademikern entgegen schlug. Denn einerseits erkannte man in diesen Personen Potenziale, die der Wis-senschaft im Aufnahmeland nutzen und sich auch in Kriegspropaganda, Geheimdienstaktivi-täten und die Planung der Nachkriegsordnung einbinden lassen würden. Zum anderen wurden diese Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch unter einen teils antisemitisch, zumeist aber politisch-konservativ motivierten „Generalverdacht" gestellt und entsprechend über-wacht. Letzteres beeinflusste nicht zuletzt Momente der Remigration, die jenseits von Integra-tion und Neu-Verortung ab 1945 wieder möglich wurde.

Die Veranstaltung greift ein seit der Gründung des GHI Washington zentrales Thema auf, rahmt es aber mit der Konzentration auf Muster und Modelle konkreter Hilfe zugleich neu. Der VHD hat sich dem Thema Flucht und Migration in Bezug auf „Deutschland als Einwan-derungsland" bereits auf dem 50. Deutschen Historikertag 2014 angenommen.

Vor dem Hintergrund der historischen Analyse soll auf einer abschließenden Podiumsdiskus-sion die aktuelle Flüchtlingsthematik in Deutschland und Europa diskutiert werden: Welche Verantwortung tragen die Akteurinnen und Akteure der deutschen Wissenschaft und Wissen-schaftspolitik für Hilfe und Integration? Wie kann das wissenschaftliche Potential dieser Mi-gration genutzt bzw. überhaupt aktiviert werden und welche Parallelen und Unterschiede sind zwischen den thematisierten historischen und den aktuellen Entwicklungen zu erkennen?

Eine Veranstaltung in Kooperation mit der American Academy